Eine Französin in Xanten - was ist Heimat für dich und wo liegt diese Heimat?
Ich habe ein Problem mit dem Begriff Heimat, weil ich ein sehr offener Mensch bin. Ich halte nicht viel von Grenzen, aber viel von Kultur, von Identität. Wenn ich also versuchen soll, Heimat zu definieren, dann ist das der Ort, an dem man gerne lebt, an dem sich die Menschen befinden, die man gerne hat und die einen selbst auch gerne haben. Das alles habe ich in Xanten gefunden.
Was liebst du an Xanten besonders?
Eine schwierige Frage, weil es in Xanten so viel gibt, das ich mag. Und weil die Menschen so viele Facetten haben. Auf jeden Fall ist es eine Stadt, in der ich mich wohl fühle. Was das Leben bereichert, sind die Menschen, die Xantener und ihre Lebensphilosophie. Sie sind ein bisschen rebellisch und haben ein Herz für ihre Stadt, machen viel für die verschiedensten Bereiche. Und: Ich komme aus einem Dorf mit 700 Einwohnern, jeder kennt jeden. In einer Großstadt könnte ich nicht leben, da würde ich untergehen. Xanten hat die ideale Größe. Du lernst schnell Menschen kennen, bekommst eine Verbindung zu ihnen. Gleichzeitig ist die Stadt nicht so klein, dass du dich ständig beobachtet fühlst.
Was können Deutsche von Franzosen lernen …
Also erst einmal gibt es nicht d e n Franzosen und d e n Deutschen. Aber ich glaube schon, dass die Franzosen ein bisschen lockerer und flexibler sind und manche Regeln nicht so ernst nehmen.
… und was die Franzosen von den Deutschen?
Ich kann mich daran erinnern, dass ich anfangs mit der Kommunikation in Deutschland große Probleme hatte. Die Deutschen sind sehr direkt, das kam mir damals sehr unhöflich vor. Wenn etwas schwarz ist, wird das auch gesagt, und nicht so lange drumherum geredet, wie das in Frankreich oft der Fall ist. Beides hat seine Vorteile. Ich denke, dass die französische Art für Verhandlungen vielleicht die bessere ist, andererseits habe ich es schätzen gelernt, dass es Gespräche voran bringt, wenn klare Fakten auf den Tisch kommen. Und dann ist da noch die Disziplin. Ich habe mich immer gewundert, dass die Deutschen an roten Fußgängerampeln stehen bleiben. Franzosen gehen einfach. Heute bleibe ich auch stehen.
Wohin geht’s in den Urlaub?
Eigentlich seit Jahren zu meiner Familie nach Frankreich. Aber seit die Kinder größer sind, machen wir auch regelmäßig Städtetouren. Im vergangenen Jahr habe ich einen kompletten Urlaub mit meiner Tochter verbracht. Sie hat angefangen, Spanisch zu lernen. Wir haben zwei Wochen Sprachurlaub in Granada verbracht.
Wie bist du zur FBI gekommen?
Über das Bürgerbegehren gegen McDonald’s. Ich hatte überhaupt nicht die Absicht, in die Politik zu gehen. Aber wir haben uns bei der McDonald’s-Geschichte wirklich so gut verstanden und auch gute Arbeit geleistet. Jetzt kommt natürlich die Frage, warum die FBI. Das ist für mich superschwer zu beantworten. Ich bin politisch links, es hätten also genauso gut SPD oder Grüne sein können. Aber bei der FBI hat mir gefallen, dass es nicht um Ideologie, sondern um praktische Politik geht. Auf kommunaler Ebene sollte es nicht um Dogmen gehen, sondern darum, konkrete und vor allem gute Lösungen für die Menschen zu finden.
Warst du immer schon ein politischer Mensch?
Ja, schon immer. Ich habe es früher sehr genossen, mit Freunden nächtelang zu diskutieren und die Welt neu zu gestalten. Aber seit ich mit konkreter Politik zu tun habe, weiß ich auch, dass solche Diskussionen zwar Spaß machen, aber die Realität ist deutlich komplexer.
Du bist ehrenamtlich sehr engagiert. Wie kam es dazu?
Durch den „Pustekuchen“-Kindergarten. Ich bin dort zur Vorsitzenden des Vereins gewählt worden, war mit meinem Team sowohl für Finanzen als auch für Personal zuständig. Das sind Erfahrungen, die mir auch heute bei meiner Arbeit für die Dom-Musikschule zugute kommen. Andere Ehrenämter kamen nach und nach dazu. Für mich war das Engagement auch die Möglichkeit, mich in Xanten zu integrieren, Menschen kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Ich bin genau im richtigen Alter nach Xanten gekommen, mit kleinen Kindern, also dann, wenn man sich in seinem Leben neu orientiert.
Warum bist du Lehrerin geworden?
Wollte ich erst nicht. Mein erster Versuch, in Deutschland Geld zu verdienen, war als Telefonistin bei einem Pizza-Lieferdienst. Aber da die Ausdrücke für deutsche und französische Zahlen so unterschiedlich sind, war das der kürzeste Job meines Lebens. Ich habe alle Zahlen verwechselt – die Nummer der Pizzen, die Hausnummern. Der Chef meinte, ich wäre ja sehr nett und könnte in der Küche arbeiten. Aber das Telefon dürfte ich nicht mehr anfassen. Also doch Uni, ich habe Romanistik und Politikwissenschaften studiert und parallel zum Studium bei Sprachschulen gearbeitet. Dadurch hatte ich in Duisburg auch mit großen Firmen zu tun.
Was war als Schülerin dein liebstes Schulfach?
Ich glaube, das war Chemie. Ich kann mich erinnern, dass ich immer stolz war auf meine Chemienoten.
Du bist eine begeisterte Lehrerin - als Bürgermeisterin wirst du einen ganz anderen Job haben. Eine oder keine schöne Vorstellung?
Dazu kann ich nur sagen: Ich kann die Wahl nicht verlieren. Egal, wie sie ausgeht, ich verliere sie nicht. Ich liebe mein Leben, so wie es ist, natürlich wäre ich traurig, meine Sprachschule und meine Ehrenämter aufzugeben. Aber andererseits könnte ich als Bürgermeisterin noch viel mehr bewegen. Ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe. Es ist eine anspruchsvoller Job, den man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.
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